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MMS - Relics 6.8.2020 – 22.8.2020

Relics | MMS OFFSPACE 5

Gemäß dem Konzept des MMS-Offspace begegnen sich mit Edson Colón Aguirre (1989), Josef Hatikov (1989) und Fabian Sokolowski (*1997) drei künstlerische Positionen aus Bremen, Kassel und Düsseldorf. In ihrem Zusammentreffen werden sie nicht nur durch den gemeinsamen Ausgangspunkt ihres künstlerischen Schaffens, der Malerei, miteinander verbunden, sondern darüber hinaus in ihrer Auseinandersetzung mit der Dekonstruktion des klassischen Bildes. Mit großer Materialaffinität verfolgen sie in unterschiedlichen medialen Präsentationsformen die Möglichkeit eines Perspektivwechsels sowie das Aufreißen gängiger Definitionen.

Auf das Spiel mit Dekonstruktionen und Dekontextualisierungen verweist auch der Titel ihrer gemeinsamen Ausstellung Relics, in der die drei Künstler der Frage nach Wertigkeiten von (Kunst-) Objekten nachgehen. Ein Relikt wird definiert als ein Überbleibsel – als etwas aus einer vergangenen Zeit Übriggebliebenes. Nach religiösem Verständnis sind Reliquien Erinnerungsstücke an Leit- und Vorbildfiguren, wie z.B. Heilige. Dazu zählen körperliche Überreste oder auch jene Gegenstände, mit dem der*die Heilige in Berührung gekommen ist. Ihnen werden eine gottgegebene Wirkkraft sowie schützende und heilende Funktionen zugesprochen. Relics als Sammelbegriff für Dinge, die einen archäologischen Wert haben und/oder die als Teil kultisch religiöser Verehrung mit hoher Bedeutsamkeit aufgeladen sein können, deutet als Ausstellungstitel auf die künstlerische Auseinandersetzung mit Zeitlichkeit und Bedeutungszuschreibungen hin: So sind es hier Alltagsgegenstände, Dekorationsartikel oder massenhaft produzierte Standardgüter, die ihrer eigentlichen Funktion enthoben, aus ihrem ursprünglichen Kontext gerissen und zum künstlerischen Objekt transformiert werden.

Es sind Gegenstände, deren äußere Merkmale auf Umwelteinflüsse verweisen und somit wie Spuren von deren ursprünglichen Kontext zeugen, sich als Erinnerung an Vergangenes in das Objekt einschreiben. Materialien, gewonnen aus einer bewussten Beobachtung und Wahrnehmung der gegenständlichen Welt, die nun als Teile einer künstlerischen Installation erscheinen. Oder billig produzierte Massenware, die im Ausstellungsraum als Bildkörper fungiert und so eine Metamorphose zum künstlerischen Werk durchläuft. So wird auf unterschiedliche Weise mit künstlerischen Bedeutungs- und Wertsetzungen gespielt, mit neuen Sinngebungen für Alltagsfundstücke und der Definition von Kunst selbst. Letztlich regen die Werke über den Rahmen des Dinghaften hinaus zur Selbstbefragung an: Was ist uns wertvoll? Und warum?

- Anne Storm